A brennhassa Summa

Geschrieben von Viktor Noworski

Då is amåy aus da Shtådmittn ana kumma mit an Auto und woytat uns Autos fakaufn. Wauns photovoltaishe, – åyso net – raukade! – gwesn warn, häd ma a pår kauft; weu a HOOD håbms! (Dees Word „HOOD“ hoast sowoy „Kaputsn“ åys
„Motorhaubm“!) Åwa de wårn leida Fabrenungsmotortshäsna, åyso raukad und daher
TREYFE (des hoast is Gegnteu fun kosher), åyso mir habms net kauft.

Nachdem ar mit fashidane Shmantses mit Lakritsn Leit angshtrudlt håt und niks åys Pshistara kriagt håt, håt ar sei Auto shteelåssn am Wåydraund. De Autotür wår offen. Und er håt graukt und daun sein Tshikk weggagshmissn. In an Tsuastaund tswishn bluntsnfätt und toteu in Ö, is dees Nudlaug, dees Gshpritste, eigshlåfn. Då san a SAPSUCKER und a SQUIRREL und a CHIPMUNK und a SKUNK (dees san neigirige Ficha) ausn Wayd in sei Auto greut. Da Wind hat de Autotir tsuagshmissn und de eigshpirtn Ficha håbm des Auto ruinirt und sei Tshikk håt Feia farursåcht. Da Wåyd håt brent. Då håt mei Urgrosfåtta gsågt, dass mir derfm den Shtådmenshn neet låssn shterbm in sein eigan Feia, weu sunst sågt wer, dass mir hädn eam umbråcht. Åyso håt mei Urgrosfåtta tsaat den Fremdn ausn Feia und mir Aundan håbm gläsht dees Feia. Der aubrende Fremde håt gsäng, dass mir håbm
Mishkulturgärtn und dass mir essn Tunfish und er håt gsågt, dass er wü nimma Autohandla sei, åwa er håt yets tswa neiche Business-Ideen. Mir dåmåys håbm no neet gwust, wås mant er.

Sobåyd es wår wida moglich, mei Urgrosfåtta håt uns tsuagshaut, wiama neiche Bamerln håbm eigsetst in Plåts fun de åbrendn Bam. Und nåcha håbm mir miassn unsa Religionstseig autsiang, dass mei Urgrosfåtta håt kena shprechn den Seng iwa uns und iwa de Bamerln: dees wår urwichtig fir mein Urgrosfåtta!Åwa der Shtådmensh, der wås håt farursåcht den Wåydbraund håt si iwahaupt neet gshert um den Wåyd! Mir håbm den Kwadratwappla ni mer gsäng.

Yåre shpeda is sei Frau kumma auf an Motorradl, dees war no shtingada åys sei Auto. Si håt a Murtsgseres gmåcht, weu ir Man is gshturbm, weu mei Urgrosfåtta häd irn Man fahäksd, håts gsågt. Si håt desweng a Göld woyn fun mein Urgrosfåtta. Mei Urgrosfåtta håt ir neet amåy an antsichn PENNY gebm. Si håt gsågt, dass sie wird shprechn mit irn Rechtsawwåyd und mei Urgrosfåtta wird ins Hefn kumma. Mei Urgrosfåtta håt gsågt, dass am Göld is gshribm „IN GOD WE TRUST“ und der Herrgott wird de Kashe erledign. („In God we trust“ is wirklich gshribm am Göld und haast „In Gott mir fertraun“)

Dånn håbma erfårn wås der Shtådmau håt gmant mit seine Business-Ideen: Tseasht håt ar tsaumen tsaumgmisht, wås NEET tsaumgmisht ghern; drum is sei Gärtn NIKS worn. Dees HÄDN mir eam GLEI sång kena,- waun ar uns gfrågd häd! – , weu dass ma soy NEET mishn, wås neet gmishd GHERD, is gshribn in drittn Buach Moses und WÅS ma soy KOMBINIRN, tsum Beishpü Kaffoy mit Tsölla oda Gurkn mit Kölch, is gshribm in aundare Biacha. Mishkultur is NEET IRGENDA Mishmåsh, sundan a KULTUR!

Daun hat ar si erinat, dass mir essn Tunfish und er håt desweng glaubt, dass ma kuntat ållas esssn wås in Wåssa is und er håt gfangnt Fresh aus an Wåssa in ana aumdan Gegend und er håt fakauft de Fresh aun Restaurants wo Leit san, de wås essn Frosh-Shenkln und tsåyn dafir fü mer Göld åys für Fish. Er håt ser fü Göld kassirt. Åwa auf amåy is ar MAROD und daun tod wurn. Sei Frau håt neet gwusst, wås wår da Grund fir sei Marodheid und sein Tod. Mir aa neet.

Mir håbm ir nur sång kena, dass in drittn Buach Moses is gshribm, dass ma Fresh neet essn derf, weu Fresh san neet kosher. Und sowoy in drittn Buach Moses åys aa in aundare Religionsbiacha is gshribm, dass ma muas aufpassn, dass ma de Bamneet ausrott! Aussadem håt ir mei Urgrosfåtta gsågt, dass da WILLIAM PENN „WOULD BE FED UP QUITE A WHOLE LOT“ (dees haast „wurat angfressn sei echt urfü“) iwa de Frau und irn Man, waun da WILLIAM PENN wissat, dass a Wayd braund is gshäng durch an Tshikk fun an Man, der wås si håt iwahaupt neet gshert um den Wayd und sei Frau dahofft si aussadem an Reybach!

(Da WILLIAM PENN is da Gründer fun PENNSYLVANIA, dees haast „Wåydlaund fun
PENN“) De gerichtliche Untasuachung håt daun ergem, dass de Ursåch, wårum der Fakeifa is gshturbm, wår Malaria. Und mei Urgrosfåtta is freigshprochn wurn und håt no tswa Monat glebt.


Viktor Noworski Kurzbiografie

I bin geboren am 2.April 1940 in an Reservat einer Langhaar-Etnie in Pennsylvania. Typisch fir mei Etnie is, dass mir san a musikalische Etnie, bekannt für Saiteninstumenter shpün und singa. I shpü merare Saiteninstumenter. Und unser Ethno-Kuchl war aa launge Tseit bekannt, befor der Christoforo Colombo is kumma. Mir essn oft Fish und Paradeiser und Fegln und Obst. Mir habn in Pennsylvania Fish gfaungt ausn Fluss. Mir alle lernan schwimma ays 4-yerige Kinda. Turistn oft habn uns a Göld
gebm, um uns tsu fotografirn mit Federn am Kopf. Bevor der Kuglshreiber is erfundn woan, mir habn gshribm mit Federn fun Fegln was mir habn sölwa gfaungt. Viktor Noworski: kaun schreiben, malen, tseichnen, singen, merare Saiteninstrumenter shpün, komponirn.


Laudatio
von Ludwig Laher

Die Prosa, mit der sich Viktor Noworski beim Ohrenschmaus einstellte, hat wahrhaftig nichts ihresgleichen in meiner breiten Leserfahrung. Da macht ein Ich-Erzähler in ausgeprägtem österreichischem Dialekt eine Geschichte über jemanden auf, der aufs Land kommt, um dort Autos zu verkaufen. Aber halt: Das österreichische Idiom ist durchgängig und in sich konsistent derart fremdartig transkribiert, dass man sich zunächst die Augen reibt. Und während sich die Handlung schnell und höchst überraschend entwickelt, traut man als Leser seinen Augen, die man sich gerade noch gerieben hat, ebenso schnell überhaupt nicht mehr: Da mischt sich eine Syntax ein, die man aus dem Jiddischen kennt, und sie wird auch von jiddischen Begriffen flankiert, während eindeutig der Neuen Welt, also Amerika zugehöriges Säugegetier vom Eich- über das Backenhörnchen bis zum Stinktier, aber auch der Gelbbauch-Saftlecker, ein in den USA beheimateter Specht auftreten, benannt konsequent in englischer Sprache sowie mit Großbuchstaben.
Den im Wald in seinem Auto eingeschlafenen blunzenfetten erfolglosen Autotandler bringt sein Tschick fast um, der den Wagen, in welchem sich auch das neugierige Getier befindet, in Vollbrand steckt. Da tritt der Urgroßvater des Ich-Erzählers auf den Plan, löscht den beginenden Waldbrand und rettet den Angebrannten aus seiner Tschäsen, aber anscheinend nur, damit niemand sagen kann, die Familie habe ihn umgebracht. Der Angebrannte will ab sofort nicht mehr Autohändler sein und als neues Business auf Mischkulturgärten umsatteln, die er bei seinem Lebensretter sieht.
Wo zum Kuckuck sind wir? Gar in den auf Urösterreichisch mit ostjüdischen Einsprengseln vorgestellten Vereinigten Staaten? Jedenfalls spielt der mosaische Glaube eine große Rolle in der Sippschaft des mit einem ordentlichen Spruch bewaffneten Ich-Erzählers. Er selbst hält dazu freilich eindeutig Distanz, ohne sich aber dagegen aufzulehnen. Eher lakonisch als abschätzig spricht er denn auch von Religionszeug, Zeug übrigens mit t wie Theodor, s wie Siegfried, e wie Emil, i wie Ida, g wie Gustav: tseig.
An dieser Stelle steige ich unhaltlich einmal aus, Sie werden das weitere Geschehen ohnehin beim Vortrag von ‚A brennhassa Summa‘ brühwarm mitbekommen. Jedenfalls häufen sich die Indizien, dass man mit den USA nicht so falschliegt und dass man in eine naturverbundene, gegen Ende auf William Penn bezogene Religionsgemeinschaft geraten ist. Der Urgroßvater sattelt geegn Schluss ganz auf Englisch um, als er mutmaßt, der Gründer Pennsylvanias (Woydlaund für Penn) WOULD BE FED UP QUITE A WHOLE LOT über den Waldbrand. Die Übersetzung wird mitgeliefert.
Viktor Noworski tischt uns eine fein gesponnene, temporeiche, mit einer eigenen Logik behaftete und lakonisch erzählte Prosa auf. Da wird viel und gleichzeitig nichts dem Zufall überlassen. Dieser Tage habe ich mit meinem mir besonders lieben Kollegen Peter Waterhouse über sein neues Buch ‚Die Auswandernden‘ gesprochen, in welchem er ein Bekenntnis zur Schönheit ablegt, das Vorgefundene in Fragen zu übersetzen. Ohne erschöpfende Antworten, wohlgemerkt, ohne auf Resultate aus zu sein. Besser lässt es sich nicht ausdrücken, was ich über Viktor Noworskis Text anmerken möchte.
Ach ja, 1940, habe ich inzwischen erfahren, sei der Autor geboren, und zwar ‚in an Reservat einer Langhaar-Etnie‘, richtig geraten, in Pennsylvania, ‚bekannt für Saiteninstrumenter shpün und singa. (…) Unser Ethno-Kuchl war aa launge Tseit bekannt, bevor der Christoforo Colombo is kumma. (…) Turistn oft haben uns a Göld gebm, um uns tsu fotografirn mit Federn am Kopf.‘ Sie werden vielleicht verstehen, dass ich in vielen Jahren Ohrenschmaus-Jurytätigkeit selten so gespannt war, einen Autor persönlich kennenzulernen.
Ich gratuliere herzlich und ziehe den Hut.


Auszug aus der Jurybegründung
von Ludwig Laher:

„Der Text ‚A brenhassa Summa‘ ist (…) ein erstaunliches Stück Prosa: Viktor Noworski verwendet Dialekt, eine völlig eigenständige Schreibweise, eine dem Jiddischen entlehnte Satzstellung, englische und jiddische Wörter und Phrasen. (…)
Der schräge, eigentümlich dynamisch erzählte Inhalt ist ebenfalls außerordentlich (…). Der Autor / die Autorin erweist sich mit diesem Text als großes poetisches Talent.“


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