See

Geschrieben von Johanna Maria Ott

Der See ist klar, man kann den Mond sehen, Frauen, Mädchen schwimmen im sommerlichen Wasser.

Die Männer und Jungen sehen ihre verschwommenen Bewegungen.

Da kam ein wunderschönes Mädchen aus dem Wasser. Johanna war ihr Name, und sie legte sich neben einen Jungen und er streichelte sie am Rücken und am Kopf und sie schmolz.


Johanna Maria Ott Kurzbiografie

Johanna Maria Ott wird im Jahr 1983 mit einer komplexen Körperbehinderung in Berlin geboren. In Hamburg besucht sie als einzige behinderte Schülerin unter 600 nicht-behinderten Schülern und Schülerinnen eine Waldorfschule.

Mit 16 Jahren zieht sie in die Schweiz zu ihrem Vater nach Rheinau und geht dort in die Oberstufe der Waldorfschule Schloss Glarisegg. Mit 18 Jahren zieht Johanna in eine eigene Wohnung nach Zürich.

Das Thema Tod interessiert sie schon seit ihrer Kindheit und sie absolviert erfolgreich eine Ausbildung in Sterbebegleitung.

Mit 26 Jahren begründet sie mit einem Assistenten das „Jay Jay Schreiblabor“, wo sie Gedichte und Geschichten mit einer speziellen Tastatur und einem Kopfhelm schreibt.

Im Jahr 2012 wird sie Mitbegründerin des Vereins „leben wie du und ich“. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit einer komplexen Behinderung, die selbstbestimmt mit Assistenz leben (wollen), durch ein gezieltes Angebot im Bereich von Management, Administration, Beratung, Supervision und Konfliktmanagement zu unterstützen.

Im Jahr 2015 wird es eine Veränderung im Leben von Johanna Maria Ott geben:

Eine Initiative der Hamasil – Stiftung hat es sich unter der Leitung von Martin Seiz zur Aufgabe gemacht, im Kreis 5 den KULTURPARK zu bauen. Dort soll ein Ort der sozialen und kulturellen Vielfalt entstehen mit Bildungs- und Veranstaltungszentren, bezahlbaren Wohnungen im Zentrum der Stadt, einem Kunsthof, Geschäften, Grünanlagen und Arbeitsräumen.

Seit 2014 arbeitet Johanna Maria Ott in dem Gemeinschaftsatelier des Vereins AUGENHÖHE in der Aargauerstrasse, dessen wunderbares Konzept und die Unterstützung der Mitarbeiterinnen eine grosse Bereicherung für Johanna und ihre Arbeit darstellen.


Auszug aus der Jurybegründung
von Ludwig Laher:

„… Das Mädchen schmolz? Ja, das Mädchen schmolz.
Es ist Subjekt, und das Verb wird daher stark flektiert. Zwar wird es gestreichelt, das Mädchen, am Rücken und am Kopf, aber schmelzen tut es selber, wie der Schnee oder ein Stück Schokolade …“

 


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